Wildwachsende Orchideen: Gelber Frauenschuh

Wilde Orchideen in der Schweiz – Informa­tionen, Stand­orte und Arten­schutz 

Beim Wort «Orchideen» denken die meisten wahr­schein­lich zuerst an grosse, bunte Tropen­pflanzen. Tat­sächlich ist die Familie der Orchideen jedoch weitaus vielfältiger, als manch einer annimmt – von grossen bis zu kleinen und unschein­baren Pflanzen. Erfahren Sie hier mehr über die Orchideen der Schweiz.

Einige wild wachsende Orchideen­arten wie der Frauen­schuh und verschie­dene Arten Knaben­kraut sind sogar hier in der Schweiz zu finden. Diese heimischen Arten blühen allerdings oftmals etwas versteckt oder in speziellen Reservaten, weshalb sie nur schwer zufällig anzutreffen sind.

Nicht eine einzelne «Königin der Blumen», sondern sehr viele 

Die von Gärtnern auch als «Königin der Blumen» bezeichnete Pflanzen­familie der Orchideen umfasst Schätzungen zufolge bis zu 30.000 verschie­dene Arten, womit sie hinter den Korb­blütlern die zweit­grösste Familie der Blüten­pflanzen ist. Entsprechend gross ist auch die Arten­vielfalt: Während tropische Orchideen in der Natur oft als Aufsitzer­pflanzen (Epiphyten) auf Bäumen wachsen und grosse, auffällige Blüten ausbilden, sind die in Mittel­europa behei­mateten Arten nicht nur farblich schlichter, sondern allesamt terres­trische Pflanzen.

Was jedoch alle Orchideen­arten gemeinsam haben, sind ausge­klügelte Fortpflan­zungs­mechanismen. Während die einen Bestäuber-Insekten wie Bienen, Käfer und Fliegen durch Lockduft und optische Ähnlichkeit zu Insekten­weibchen anlocken, setzen andere darauf, den Tieren Schutz vor Regen und Fress­feinden zu bieten, um im Gegenzug bestäubt zu werden.

Ferner sind beinahe alle Orchideen­arten aushar­rende Pflanzen, die problemlos mehrere Jahre überleben und jedes Jahr neu austreiben. Charakte­ristisch für die Pflanzen dieser Familie ist zudem, dass sie erst nach mehreren Jahren erblühen und dies nur mehrmals tun, wenn genauestens auf ihre Bedürfnisse geachtet wird.

Gelber Frauenschuh

Gelber Frauenschuh 

Vogel-Nestwurz

Vogel-Nestwurz 

Purpur-Knabenkraut

Purpur-Knabenkraut 

Langblätteriges Waldvögelein

Langblätteriges Waldvögelein 

Oft subtiler als Tropen­pflanzen, aber nicht weniger schön – Wild­orchideen in der Schweiz 

Die wahrschein­lich bekann­testen und markan­testen der 76 Orchideen­arten, die in der Schweiz heimisch sind, sind die Knaben­kräuter (Anacamptis) und der Gelbe Frauenschuh (Cypripedium calceolus). Letzterer ist übrigens die einzige Art aus der Gattung der Frauen­schuhe, die natürlich in Mittel­europa vorkommt.

Der Gelbe Frauenschuh zeichnet sich besonders durch die markante, an einen Schuh oder Helm erinnernde Form seiner mehr­farbigen Blüte aus und wächst bevorzugt in schattigen Laub­wäldern oder an buschigen Berghängen. Bekannte Schweizer Vorkommen wie die im Gasterntal und im Bergsturz­gebiet bei Goldau ziehen zur Blütezeit von Mitte Mai bis Ende Juni regel­mässig grosse Mengen an Besuchern an.

Die Pflanzen der Gattung der Knaben­kräuter hingegen bilden violette Blüten aus. Zur Unter­scheidung ist hier vor allem auf Blüten- und Wuchsform zu achten: Während das Kleine Knaben­kraut (Anacamptis morio) beispiels­weise sehr gedrungen wächst und dichte Blüten­stände ausbildet, sitzen die Blüten von Schmetter­lings-Knaben­kraut (Anacamptis papil­lonacea) und Sumpf-Knaben­kraut (Anacamptis palustris) weiter auseinander.

Purpur-Knabenkraut
Purpur-Knabenkraut mit Käfer
Purpur-Knabenkraut Nahaufnahme
Purpur-Knabenkraut im Wald
Diverse Purpur-Knabenkraut-Exemplare in der Wiese
Purpur-Knabenkraut in der Wiese
Purpur-Knabenkraut in der Wiese
Nahaufnahme Purpur-Knabenkraut

Das Purpur-Knabenkraut lässt sich in Wälder und Waldlichtungen finden. Diese Aufnahmen entstanden in den Wäldern der Ostschweiz. 

Wildorchi­deen auf dem Rückzug – zwei Drittel aller Arten in Gefahr 

Leider werden die heimischen Orchideen­arten immer seltener. So wurden in den letzten 70 Jahren schätzungs­weise 90% der Blühflächen der Wildblumen durch Klimawandel, Land- und Forst­wirtschaft, Eutro­phierung und Urbani­sierung vernichtet. Erschwerend kommt hinzu, dass Orchideen einen speziellen Bodenpilz benötigen, um gedeihen zu können. Dieser kann allerdings nur in nährstoff­armen Böden überleben, sodass bereits Stickstoff­eintrag aus der Luft dafür sorgen kann, dass einige Orchideen­arten absterben.

Als Konsequenz hat das Schweizer Bundesamt für Umwelt alle 76 heimischen Arten unter Arten­schutz gestellt. In der nationalen Roten Liste werden 18 Arten als potenziell gefährdet, 24 als verletzlich, fünf als stark gefährdet und fünf als vom Aussterben bedroht eingestuft (Stand Mai 2023). Das Locker­blütige Knaben­kraut (Anacamptis laxiflora) gilt seit 2016 sogar als verschollen.

Gelber Frauenschuh
Busch von Gelben Frauenschuhen
Gelber Frauenschuh halboffen
Gelber Frauenschuh in der Wiese
Büschel voller Gelber Frauenschuhe
Gelber Frauenschuh nach dem Regen
Gelbe Frauenschuhe
Gelber Frauenschuh

Auch der Gelbe Frauenschuh lässt sich in den heimischen Wäldern finden. Es ist die einzige in Europa wildwachsende Art der Frauenschuhe. Die Bilder sind ebenfalls in den Wäldern der Ostschweiz entstanden. 

Orchideen­standorte als Sehens­würdigkeit 

Dennoch gibt es einige Flecken in der Schweiz, an denen noch immer heimische Wild­orchideen zu bewundern sind – zum Beispiel auf dem Dach des Seewasser­werks Moos in Zürich-Wollishofen. Dort wurden 1914 zwecks Wärme­dämmung Wiesenziegel aufge­schichtet, wodurch rein zufällig mitten in der Stadt ein Natur­paradies mit 180 verschie­denen Arten von Wildpflanzen entstand. Seit 2000 wurden dort insgesamt 10 wilde Orchideen­arten entdeckt. Heute handelt es sich beim Seewasser­werk Moos um ein Parade­beispiel dafür, wie Dachbe­grünung dazu beitragen kann, die Biodiversität zu fördern.

Da das Dach des Seewasser­werks aber nicht öffentlich zugänglich ist, müssen sich Pflanzen­freunde, die wilde Orchideen aus nächster Nähe sehen wollen, andernorts umsehen. Beispiels­weise betreibt die Arbeits­gruppe Einheimische Orchideen Aargau (AGEO), einer der grössten Schweizer Orchideen­verbände, einen Wander­lehrpfad bei Erlinsbach, der es ermöglicht, 20 Orchideen­arten und zahlreiche andere Wild­pflanzen in ihrer natürlichen Umgebung zu betrachten. Gleich­zeitig ist es dort möglich, anhand von Informations­tafeln oder in von AGEO-Mitgliedern durchge­führten Führungen mehr über die Ökologie von Wildblumen und den Naturschutz zu erfahren.

Vogel-Nestwurz

Vogel-Nestwurz in der Wiese 

Vogel-Nestwurz

Gleich mehrere Vogel-Nestwurze 

Vierblättrige Einbeere

Vierblättrige Einbeere von Oben 

Vierblättrige Einbeere

Vierblättrige Einbeere von der Seite 

Blüte der Vierblättrigen Einbeere

Blüte der Vierblättrigen Einbeere 

Langblättriges Waldvögelein

Das langblättrige Waldvögelein 

Zwei Purpur-Knabenkräuter

Zwei Purpur-Knabenkräuter 

Gelber Frauenschuh im Wald

Gelber Frauenschuh im Wald 

Wildorchi­deen im eigenen Garten? Das ist zu beachten! 

Weil Wildorchideen sich durch Selbst­aussaat verbreiten, kommt es in einigen Regionen durchaus vor, dass sie plötzlich auch in privaten Gärten wachsen. Da die Pflanzen unter Arten­schutz stehen, sollten sie jedoch keines­falls in Eigenregie umgesiedelt werden. Die Wiese, auf der sie wachsen, ist erst ab Juli und auch dann nur höchstens zweimal im Jahr zu mähen. Um die empfind­lichen Wurzel­pilze der Pflanzen nicht zu schädigen, sollten Sie in der Nähe aller Orchideen­arten zudem auf Düngemittel und Unkraut­vertilger verzichten. Ist eine Umsiedelung aus irgendeinem Grund unvermeid­bar, sollte diese unbedingt im Vorfeld mit der Naturschutz­fachstelle Ihres Kantons abgesprochen werden.

Das Ausgraben wild wachsender Exemplare ist hingegen strengstens untersagt. Schlimmsten­falls drohen Ihnen nicht nur empfindliche Geldstrafen – auch die Pflanzen können eingehen, wenn der Gartenboden nicht ihren Bedürfnissen entspricht. Anstelle wilder Pflanzen sollten für den Garten deshalb lieber hybride Orchideen­arten oder andere Wildblumen angeschafft werden, die besser an die örtlichen Gegeben­heiten angepasst sind.

Wildblumen für den heimischen Garten